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Der Mythos von „Schloss Eben“

09.01.2018 18:00

Wie war das mit „Schloss Eben"? Diese Frage wurde den Archäologen, die vergangenes Jahr auf dem Telfer „Schlossbichl" bei St. Moritzen ein vorchristliches Heiligtum ausgegraben haben, von Besuchern wiederholt gestellt.

Die geheimnisvolle, versunkene Ritterburg, die dem Hügel bei St. Moritzen seinen Namen gab, hat ihren festen Platz in der Telfer Sagenwelt. Ein halbes Dutzend Geschichten gibt es über das mysteriöse Schloss der „Herren von Eben", das einst hier im Westen von Telfs gestanden haben soll. Und meist geht es um vergrabene Schätze. Etwa in der Geschichte vom gespenstischen Moritzen-Schimmel, der den Schlüssel zum Burgschatz im Maul trägt, oder der vom Sagschneider Stigges: Er hat die Schatztruhe schon fast gehoben, als sein vorlauter Begleiter den Schlossgeist verärgert und alles wieder verloren geht.

Dass Überlieferungen wie diese keine reinen Hirngespinste sein müssen, sondern oft einen historischen Kern haben, wissen auch die Archäologen. Deshalb war „Schloss Eben" auch in der Ausstellung „Schlossbichl – der heilige Hügel von Telfs", die vor kurzem im Noaflhaus zu sehen war, ein Thema. Dort konnte man über den Mythos von der versunkenen Burg folgende interessante Erläuterung lesen:

„Um das legendäre „Schloss Eben" ranken sich viele sagenhafte Geschichten. Meist geht es um verborgene Schätze und damit verbundene geisterhafte Erscheinungen. Überlieferungen wie diese sind für Archäologen ein Alarmsignal. Sie deuten oft auf verschollene historische oder prähistorische Stätten hin. So ist es auch beim Schlossbichl. Die jüngsten Ausgrabungen haben gezeigt, dass es auf dem Hügel zwar keine mittelalterliche Burg gab (und auch der legendäre unterirdische Gang zur Burg Hörtenberg jenseits des Inns ist ein Mythos), dafür kam aber ein rund 1000 Jahre älteres frühgeschichtliches Heiligtum ans Licht. Wahrscheinlich entstand die Sage vom versunkenen Schloss vor Jahrhunderten, als auf dem Hügel noch Ruinen zu erkennen waren und vielleicht auch urtümliche Fundstücke entdeckt wurden.
Einen realen Kern könnte auch die Überlieferung haben, dass die nahegelegene St. Moritzen-Kirche aus Steinen von „Schloss Eben" erbaut worden sei. Bei den Ausgrabungen stellten die Archäologen fest, dass aus dem verschütteten vorgeschichtlichen Mauerwerk tatsächlich Steine zu fehlen scheinen…"

Foto: Schatzgräber auf dem Schlossbichl bei St. Moritzen: der Sagschneider Stigges und sein Gehilfe. Eine Zeichnung von Mag. Urban Sterzinger.

Bilder unten:

- Der "Moritzenschimmel" mit dem Schlüssel von Schloss Eben als Motiv auf einem Schleicherhut.

- Blick auf den Schlossbichl vom Westen. Hier gabs zwar keine mittelalterliche Burg, aber ein uraltes Heiligtum!

(Fotos: MG Telfs/Dietrich)