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Der "Hasenjäger" vom Schlossbichl

15.02.2015 10:56
Der Schlossbichl nahe Moritzen im Westen von Telfs ist immer wieder für Überraschungen gut. Wie berichtet sind auf dem bewaldeten Hügel zahlreiche archäologische Funde aufgetaucht. Vor rund 2000 Jahren stand dort ein Heiligtum der Räter. Die Restaurierung eines kleinen Bronzefragments ergab jetzt Erstaunliches: Auf dem unscheinbaren Blech ist ein Reiter abgebildet – sozusagen der "älteste Telfer".

Das knapp drei mal drei Zentimeter große Bronzeblech dürfte als Beschlag eines Gürtels oder Zaumzeuges gedient haben und wurde wohl als Opfergabe auf dem Schlossbichl deponiert. Die bei der Restaurierung entdeckte Abbildung ist ebenso originell wie eigenwillig: Sie zeigt einen Mann, der vom Pferd aus versucht, mit der Lanze ein Tier – wohl einen Hasen – zu treffen. Für den Telfer Historiker Stefan Dietrich, der die Forschungsaktivitäten rund um den Fundplatz Schlossbichl koordiniert, ist das winzige Bronzerelief etwas ganz Besonderes: „Falls es sich bei dem Tier wirklich um einen Hasen handelt, dürfte es wohl keine reale Jagdszene sein. Man kann sich vorstellen, wie schwierig es wäre, einen flinken Hasen vom Pferd aus mit der Lanze zu jagen. Wer könnte das schaffen? Vielleicht ist deshalb eher an eine mythologische Szene zu denken. Es könnte ein rätischer Gott oder Held dargestellt sein, über den wir nichts mehr wissen und in dessen Mythos die Jagd eines Hasen eine besondere Rolle spielt. Eine Gottheit beispielsweise, die so flink und geschickt ist, dass sogar diese unmögliche Jagd für sie kein Problem darstellt. Immerhin gibt es auch das Blech von Welzelach in Osttirol - ein Bronzerelief aus ungefähr derselben Epoche, das ebenfalls einen Mann zeigt, der einen Hasen verfolgt, allerdings zu Fuß und mit einer Keule.“
Jedenfalls ist der "Hasenjäger" ein besonders originelles Stück aus dem reichen Fundmaterial vom Schlossbichl und die früheste Darstellung eines Menschen, die wir aus Telfs kennen. Dietrich: "Der Reiter vom Schlossbichl ist also so etwas wie der älteste Telfer."
Der Historiker hofft, dass die Auswertung der vielen anderen Metallobjekte dieser außergewöhnlichen Fundstätte noch weitere interessante Ergebnisse bringt. Eine archäologische Ausgrabung, die Klarheit über die Struktur und Bedeutung des Heiligtums bringen soll, ist angedacht.

Bild: Das kleine Bronzerelief, das mehr als 2000 Jahre im Boden lag, ist stark verwittert. Auf dem Bild rechts sind die Konturen nachgezeichnet. Die Jagdszene ist eindeutig zu erkennen. (Foto: MG Telfs/Dietrich)